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Univ.-Prof. Präs. a.D. Dr. Walter Antoniolli

Univ.-Prof. Präs. a.D. Dr. Walter Antoniolli

Urverbindung: Norica (02.07.1926)

Geboren: 30.12.1907, Mistelbach (Niederösterreich)
Gestorben: 23.05.2006, St. Pölten
Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Universitätsprofessor (Öffentliches Recht)

Lebenslauf:

An­to­ni­ol­li wurde als Sohn eines Bahn­be­am­ten ge­bo­ren. (Der in man­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen ge­nann­te Ge­burts­ort Inns­bruck ist un­rich­tig.) Das Gym­na­si­um be­such­te er zu­erst in Kor­neu­burg und dann in St. Pöl­ten. Dort trat er 1924 der ka­tho­li­schen Pen­na­lie Ni­be­lun­gia (spä­ter im MKV) bei. Nach der Ma­tu­ra im Jahr 1926 be­gann er das Stu­di­um an der Rechts- und Staats­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Wien (Dr. iur. 1932), wo er der No­ri­ca bei­trat (Cou­leur­na­me Diet­rich). Sein Leib­bursch war Leo­pold Figl (Nc). Einer sei­ner Leib­füch­se war Gus­tav Ka­niak (ehe­mals Nc), spä­ter ein be­kann­ter Ju­rist und Se­nats­prä­si­dent am Ver­wal­tungs­ge­richts­hof. An­to­ni­ol­li be­klei­de­te in der No­ri­ca keine Hoch­char­gen.

Nach der Ge­richts­pra­xis und einer kur­zen Tä­tig­keit in der Wirt­schaft wurde An­to­ni­ol­li am 5. März 1934 Be­am­ter im Ma­gis­trat von St. Pöl­ten und war der Ma­gis­trats­di­rek­ti­on zu­ge­teilt. Wäh­rend des „Stän­de­staa­tes“ war dort Hein­rich Raab (Nc), Bru­der von Ju­li­us Raab (Nc), Bür­ger­meis­ter. Nach dem An­schluß im März 1938 wurde An­to­ni­ol­li aus dem Ma­gis­trats­dienst ent­las­sen und war dann Leh­rer für all­ge­mei­ne Staats- und Ver­wal­tungs­kun­de an der Ge­mein­de- und Spar­kas­sen­ver­wal­tungs­schu­le St. Pöl­ten. 1943 wurde er zur Deut­schen Wehr­macht ein­ge­zo­gen.

Nach dem Krieg war An­to­ni­ol­li vor­erst wei­ter­hin Be­am­ter beim Ma­gis­trat der Stadt St. Pöl­ten, wurde aber am 1. Au­gust 1946 Prä­si­di­al­se­kre­tär am Ver­fas­sungs­ge­richts­hof. Mit 1. Ja­nu­ar 1947 holte ihn Figl in den Ver­fas­sungs­dienst des Bun­des­kanz­ler­amts. Nach­dem sich An­to­ni­ol­li im Juli 1947 an der Rechts- und Staats­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Wien für Öf­fent­li­ches Recht ha­bi­li­tiert hatte, wurde er am 31. März 1948 zum au­ßer­or­dent­li­chen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor für Ver­wal­tungs­recht an der Rechts- und Staats­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Inns­bruck er­nannt. 1949 wurde seine Lehr­be­fug­nis auf Ver­wal­tungs­leh­re, ös­ter­rei­chi­sches Ver­wal­tungs­recht, All­ge­mei­ne Staats­leh­re und ös­ter­rei­chi­sches Ver­fas­sungs­recht er­wei­tert.

Be­reits mit 1. Ja­nu­ar 1951 wurde An­to­ni­ol­li als Nach­fol­ger von Go­de­hard Josef Ebers (Wf) zum Mit­glied des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes be­ru­fen. Nach­dem ihm be­reits am 24. März 1953 der Titel eines or­dent­li­chen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sors ver­lie­hen wurde, er­folg­te mit 28. April 1954 seine Er­nen­nung zum or­dent­li­chen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor an der Rechts- und Staats­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Inns­bruck. In die­sen Jah­ren ent­stand auch sein Stan­dard­werk „All­ge­mei­nes Ver­wal­tungs­recht“. Am 17. März 1956 wurde er als Nach­fol­ger von Lud­wig Ada­mo­vich sen. zum or­dent­li­chen Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor für Ver­fas­sungs- und Ver­wal­tungs­recht an der Rechts- und Staats­wis­sen­schaft­li­chen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Wien be­ru­fen. Diese Po­si­ti­on be­klei­de­te er bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung im Jahr 1973.

Am 23. März 1957 wurde An­to­ni­ol­li zum Vi­ze­prä­si­den­ten des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes und am 12. Fe­bru­ar 1958 zu des­sen Prä­si­den­ten er­nannt, was er bis 1977 blieb. In den Jah­ren 1959 bis 1961 waren von den Re­prä­sen­tan­ten der vier höchs­ten Ver­fas­sungs­or­ga­ne Ös­ter­reichs dem­nach drei – näm­lich Bun­des­kanz­ler (Ju­li­us Raab), Na­tio­nal­rats­prä­si­dent (Leo­pold Figl) und eben der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof­prä­si­dent – so­wohl An­ge­hö­ri­ge der No­ri­ca als auch der MKV-Ver­bin­dung Ni­be­lun­gia St. Pöl­ten, eine wohl ein­ma­li­ge Kon­stel­la­ti­on.

An­to­ni­ol­li war in der Ge­schich­te Ös­ter­reichs der bis­lang am längs­ten (19 Jahre) am­tie­ren­de Prä­si­dent des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes. In die­ser Po­si­ti­on wie auch als aka­de­mi­scher Leh­rer präg­te er das ös­ter­rei­chi­sche Rechts­we­sen sowie die Rechts­kul­tur in der zwei­ten Hälf­te der Zeit der ÖVP-Kanz­ler sowie in der ers­ten Hälf­te der Ära Bruno Krei­skys. Am Ende sei­ner Amts­zeit war An­to­ni­ol­li mit der Ver­fas­sungs­kla­ge gegen die Fris­ten­lö­sung kon­fron­tiert. Weil er mit Ent­schei­dun­gen des Ver­fas­sungs­ge­richts­ho­fes – ins­be­son­de­re zum Uni­ver­si­täts­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­setz – nicht kon­form ging, trat er kurz vor Ende sei­ner of­fi­zi­el­len Amts­zeit vor­zei­tig vom Prä­si­den­ten­amt zu­rück.

Seine Per­sön­lich­keit wird am bes­ten aus einem Zitat der Ge­denk­re­de von Georg Schmitz (Nc) auf dem Trau­er­kom­mers der No­ri­ca am 2. No­vem­ber 2006 cha­rak­te­ri­siert: „Er ver­mit­tel­te uns Grund­be­grif­fe des Rechts, die er immer an Hand von Bei­spie­len aus sei­ner ei­ge­nen Be­rufs­er­fah­rung an­wen­dungs­be­zo­gen und da­durch an­schau­lich er­läu­ter­te. Gleich­zei­tig ver­mit­tel­te er uns die Un­ab­hän­gig­keit, Di­stanz und Sach­lich­keit eines Höchst­rich­ters, der über par­tei­li­chen In­ter­es­sen und per­sön­li­chen Vor­tei­len steht. Trotz sei­ner Funk­ti­on als Ver­fas­sungs­ge­richts­hof­prä­si­dent strahl­te An­to­ni­ol­li als Pro­fes­sor mensch­li­che Qua­li­tät aus. Durch diese wis­sen­schaft­li­chen und mensch­li­chen Qua­li­tä­ten er­freu­te er sich unter den Stu­den­ten einer An­er­ken­nung, die über un­se­re welt­an­schau­lich ori­en­tier­te Grup­pe weit hin­aus­ging.“

An­to­ni­ol­li war seit dem 2. Juni 1964 or­dent­li­ches Mit­glied der Ös­ter­rei­chi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und das erste Ur­mit­glied des CV, das die Po­si­ti­on eines Ver­fas­sungs­ge­richts­prä­si­den­ten be­klei­de­te. Er er­litt in sei­nem lan­gen Leben schwe­re Schick­sals­schlä­ge. 1958 kamen seine bei­den jün­ge­ren Söhne durch einen Au­to­un­fall ums Leben, 1991 ver­lor er sei­nen äl­tes­ten Sohn eben­falls bei einem Au­to­un­fall. Er starb hoch­be­tagt und bis zu­letzt geis­tig rege im 99. Le­bens­jahr und wurde auf dem Wald­fried­hof St. Pöl­ten (5-Rand-14+15) be­stat­tet.

Werke:

(Auswahl)
Allgemeines Verwaltungsrecht (1954).
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes 1946-1959. Hg. gemeinsam mit Friedrich Koja (1963).

Quellen und Literatur:

Aktenbestand der Ehrenzeichenkanzlei der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei (Kabinettsvizedirektor Heinz Hafner Am, Mitteilung 12. 3. 2020.
Verbindungsarchiv Norica. Schmitz, Georg (Nc): Rede zu Walter Antoniolli am Trauerkommers der Norica am 2. 11. 2008. Manuskript dankenswerterweise vom Autor zur Verfügung gestellt.
Allgemeines Verwaltungsrecht. Festgabe zum 70. Geburtstag für Walter Antoniolli. Hg. von Felix Ermacora. Wien 1979
Rechtswissenschaft und Politik. Die Freiheit des Menschen in der Ordnung des Rechts. Walter Antoniolli zum 90. Geburtstag. Hg. von Günther Winkler (Nc EM). Wien 1998
Korinek, Karl (F-B EM): Walter Antoniolli zum Gedenken, in: Juristische Blätter. 2008. Heft 8 (August) S. 513f.